KUNST IST ETWAS WUNDERBARES

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Kunst im öffentlichen Raum ist eigentlich was Wunderbares. Sie richtet sich an alle, ist ohne große Barrieren und erweitert die zumeist nützliche und effiziente Stadtgestaltung um etwas Ästhetisches. Früher, wo die Kunst noch keinen großen Verwertungsdruck ausgesetzt war, nannte man das „Kunst am Bau“. Stuttgart hat aus diesen vergangenen Programmen eine Vielzahl von Skulpturen und Installationen bekommen, die gerade langsam aber sicher verrotten und damit symbolisch für die Krise des öffentlichen Raums stehen. Man denke nur an das „Gate of Hope“ von Dan Graham im Leibfriedschen Garten oder die unzähligen Skulpturen von Otto Herbert Hajek.

Denn schon lange erfüllt der öffentliche Raum nicht mehr seine grundlegenden gesellschaftlichen Funktionen, wie Austausch, Repräsentation, Orientierung oder Identifikation. Der gesellschaftliche Austausch wird heute vornehmlich über soziale Netzwerke und digitale Kommunikationsmittel abgewickelt. Keine Frage, bei der Repräsentation ist es ähnlich. Zwar werden der öffentliche Raum und das eine oder andere Kunstwerk als Selfie-Kulisse genutzt, aber auch hier kann beobachtet werden, dass der digitale Raum viel wichtiger geworden ist. Genauso bei der Orientierung. Selbst, wenn man den Weg kennt, nutzt man, um sicherzugehen, ein Navigationssystem. Es beruhigt, wenn man weiß, wann man ankommt und welchen Weg man durch die Ungewissheit des Zwischenraums nehmen soll.

Der öffentliche Raum ist ein notwendiges Übel, das man durchqueren muss, um zur Rakete in der Theater Rampe, zur Ausstellung im Projektraum des Kunstvereins Wagenhalle oder zum Auktionshaus Eppli zu kommen. Das Smartphone ist dabei ein perfekter Begleiter, um sich dem öffentlichen Raum zu entziehen und dabei anwesend und gleichzeitig abwesend zu sein. Auch ich nutze gerne und viel mein Smartphone und betrete so andere Räume und Welten, die mir Identifikation und Sicherheit geben. Wenn ich mich so umschaue, denke ich, dass viele das so machen. Das Gute daran? Die Gesellschaft funktioniert und was früher der öffentliche Raum erfüllen durfte, wird nun im digitalen Raum verwirklicht. Auch wenn diese digitalen Räume, im klassischen Sinne nicht mehr öffentlich sind und wir inzwischen nicht mehr genau wissen, was wir mit dem zurückbleibenden öffentlichen Raum eigentlich machen sollen. Dabei kann es nicht die Aufgabe der Kunst sein, hierfür Lösungen zu finden. Die Krise des öffentlichen Raums wird anhalten. Die Kunst kann aber ästhetische, erhabene und spielerische Impulse setzen und einen Dialog über unsere gesellschaftlichen Begegnungsräume führen. Hierfür ist es allerdings notwendig, dass Kunst im öffentlichen Raum um die Sphäre des Digitalen erweitert wird und dahin geht, wo die Gesellschaft sich heute konstituiert.

Nur wie kann das aussehen? An dieser Frage muss weiter mit künstlerischen Mitteln geforscht werden. Gerade die Schnittstellen zwischen analogen öffentlichen und digitalen öffentlichen Raum sind von großer Bedeutung. Letztes Jahr konnte ich mich intensiv mit dem allgegenwärtigen Smartphone als Fenster zur Welt beschäftigen. Daraus ist eine Skulptur entstanden, die sich an die urbane Praxis des Shoe tossing anlehnt. Anstatt Schuhe werfe ich dabei alte Smartphones über Leitungen. Vielleicht entsteht daraus eine neue Bewegung.

Kunst im öffentlichen Raum ist etwas Wunderbares und richtet sich an alle. Gelegentlich können wir den Kopf heben und uns über die gesellschaftlichen Begegnungsräume Gedanken machen und uns diese neu aneignen.