Fördersysteme in Kultur und Landwirtschaft

Ein Blick auf Fördersysteme in Kultur und Landwirtschaft
Am 14. Oktober 2023 trafen sich im Projektraum des Kunstvereins Wagenhalle der Ökonom Prof. Dr. Mathias Binswanger, der Bio-Bauer Lukas Hartenberg und der Künstler Clair Bötschi zu einer Diskussion über die Parallelen und Unterschiede in den Fördersystemen von Kultur und Landwirtschaft. Die Veranstaltung fand im Rahmen der Ausstellung „Orientation Matters“ statt und wurde in Kooperation mit der Landesgruppe Baden-Württemberg der Kulturpolitischen Gesellschaft organisiert.
Die Diskussion zeigte eindrucksvoll, wie ähnlich sich Künstlerinnen und Landwirtinnen oft fühlen: Beide Gruppen sind tief in ihrer Arbeit verwurzelt und von einer starken intrinsischen Motivation geprägt. Gleichzeitig fühlen sie sich jedoch häufig von den komplexen und wechselhaften Anforderungen der Fördersysteme entmutigt.
Bauern wie Lukas Hartenberg beschreiben das Gefühl, in ihrer Eigenständigkeit eingeschränkt zu werden. Durch automatisierte Überwachung und politische Ziele, die durch zahlreiche Indikatoren messbar gemacht werden sollen, haben sie das Gefühl, ihre Felder weniger nachhaltig und langfristig bewirtschaften zu können. Die Förderkriterien wechseln so häufig, dass eine verlässliche Planung kaum möglich ist. „Es fühlt sich an, als ob uns das Vertrauen in unsere Expertise als Bauern abgesprochen wird“, resümierte Hartenberg.
Auch Künstlerinnen wie Clair Bötschi erleben eine ähnliche Belastung. Die Bürokratie und der ständige Nachweis von Qualität, die sich oft nur schwer in Zahlen messen lässt, schaffen ein Gefühl von Fremdbestimmung. „Wir kämpfen ständig darum, dass unsere Arbeit überhaupt als relevant wahrgenommen wird“, erklärte Bötschi. Wie die Bauern fühlen sich auch Künstlerinnen häufig allein gelassen mit den wachsenden Anforderungen, die ihre kreative Freiheit einschränken.
Die Diskussion machte deutlich: Sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Kultur wünschen sich die Akteur*innen mehr Vertrauen in ihre Arbeit und weniger bürokratische Hürden. Eine Grundförderung könnte die notwendige Basis schaffen, um Eigenständigkeit und Motivation zu bewahren, ergänzt durch gezielte Projektförderungen. Nur so kann die Verbindung von Landwirtschaft und Kultur – die gemeinsame Wurzel der „cultura“ – langfristig gestärkt werden.
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